KI kann monotone oder gefährliche Arbeiten übernehmen – und so mehr Zeit für das eigentliche Handwerk schaffen
Tobias Böke ist bei der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe als Projektmitarbeiter im Bereich Transfer- und Netzwerkmanagement beschäftigt. Im KIDiHa-Projekt kümmert er sich darum, Handwerksbetriebe für KI-Lösungen zu sensibilisieren und ihnen Anwendungsbeispiele aufzuzeigen – den Transfer ins Handwerk voranzutreiben. An seinem Arbeitsort, dem InnovationSpin in Lemgo, berichtet er über die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz, wie sie dem Handwerk nutzen kann und welche Rolle das Projekt KIDiHa an dieser Stelle einnimmt.
Welche Rolle spielt die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe im Projekt „Künstliche Intelligenz und Digitaloffensive für das HANDwerk NRW“?
Wir sind Transferpartner und Ansprechpartner für das Handwerk, gerade für unsere Innungsbetriebe, die die Kreishandwerkerschaft bereits als etablierten Partner für Beratung und Angebote zur Weiterentwicklung von Handwerksunternehmen nutzen und kennen.
Die Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe ist ganz nah dran an den Handwerksbetrieben – welche Rückmeldungen geben Handwerksbetriebe zum Thema KI?
Die Handwerksbetriebe sind sowohl neugierig als auch skeptisch, gerade im Bereich der Informationsbeschaffung und -sicherheit ihrer Daten. Betriebe haben viele Fragen, was in dem Bereich KI zu beachten und wichtig ist. Aber es gibt auch viel Neugier und die Frage, wie KI im Betrieb genutzt werden kann. Das Interesse und der Informationsbedarf sind hier sehr groß. Gerade, weil es auch immer mehr Lösungen und Möglichkeiten gibt, KI zu nutzen, beispielsweise gibt es immer mehr KI-Anbieter, die in ihren Nutzungsmöglichkeiten und dem Nutzungsumfang ständig besser werden. So können immer mehr Bedarfe auch tatsächlich gedeckt werden.
Wieso sollten Handwerksbetriebe sich überhaupt mit dem Thema KI auseinandersetzen? Welchen Nutzen kann KI für sie haben?
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels können durch den Einsatz von KI Mitarbeitende entlastet werden: sie können von monotonen und gefährlicheren Aufgaben entbunden werden und haben dann mehr Zeit für kreative Aufgaben, die meist auch mehr Freude bringen. Freiwerdendes Wissen durch Mitarbeiter, die in den nächsten Jahren aus dem Betrieb ausscheiden, beispielsweise aus Altersgründen, kann durch KI aufgefangen werden. Nicht zuletzt sind innovative Betriebe am Markt präsenter und insbesondere für junge Arbeitnehmer attraktiver.
Durch KI-Lösungen wird der Betrieb auch für Kunden attraktiver, da er zum Beispiel durch eine ChatBot-Lösung rund um die Uhr erreichbar ist. Der Kunde kann sich dann jederzeit an diesen ChatBot wenden, erste Fragen klären und kann dann kontaktiert werden, um weitere Fragen zu klären oder um ein Angebot zu erstellen bzw. einen Termin zu vereinbaren.
Handwerksbetriebe können KI aber auch nutzen, um Fähigkeiten zu generieren, die sie vielleicht vorher nicht hatten, im Bereich von Social Media kann generative KI Beiträge für den eigenen Kanal erstellen, im Bereich des Marketings Bilder für Präsentationen oder die eigene Website erzeugen. Vorher war vielleicht keine Zeit und Kapazität für solche Dinge vorhanden, GPTs sind hier eine echte Entlastung.
Wie verbreitet ist der Einsatz von KI in Handwerksbetrieben und wie digital sind sie deiner Einschätzung nach aufgestellt?
Die Betriebe haben in den Beriechen Digitalisierung und KI unterschiedliche Wissensstände. Im Bereich Digitalisierung ist das Handwerk in vielen Bereichen schon sehr gut aufgestellt. Wir haben z. B. Betriebe, die eigene digitale Entwicklungen in Kooperation mit anderen Unternehmen durchgeführt haben, um ihre Bedarfe zu decken.
In Sachen KI ist die Bandbreite sehr groß, von Ablehnung über Interesse bis hin zur tatsächlichen Nutzung.
Wir haben zum Beispiel Bäckereien bei uns in den Innungsbetrieben, die KI nutzen, um eine Verkaufsprognose zu erstellen, damit sie Ressourcen und Energie sparen, nicht so viel wegschmeißen müssen am Ende des Tages und die Bedarfe des Kunden besser decken können.
Auf der anderen Seite gibt es Betriebe, die schon Drohnen einsetzen, sei es im Bereich der Dachdecker oder der Zimmerer, um z. B. Schäden nach einem Sturm auf einem Dach zu analysieren und Kosten zu ermitteln.
Und wir haben auch KFZ-Betriebe, die KI nutzen, um aus Fotos Schadensberichte zu erstellen. Also, ist ein Auto verunfallt, kann über Fotos die KI einen Reparatursachwert ermitteln und ausgeben, damit der Handwerksbetrieb sehr schnell einen Schadensbericht erstellen kann.
Wie kann das KIDiHa-Projekt ganz konkret Handwerkende und KI zusammenbringen?
Das KIDiHa-Projekt ist eine Anlaufstelle für das Handwerk. Wir wollen Hürden abbauen und die Möglichkeiten für den einzelnen Betrieb aufzeigen. Wir führen Gespräche mit Handwerksbetrieben durch, wir analysieren, welche Bedarfe vorhanden sind und besprechen, wie realistisch diese Bedarfe umzusetzen sind. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IOSB-INA aus Lemgo führen aktuell zunächst mit ausgewählten Betrieben Analysen durch, inwieweit deren Bedarfe realistisch umzusetzen sind in der nächsten Zeit, wie viel Aufwand dahintersteckt, welche Hürden abzubauen sind und welche weiteren Schritte vorzunehmen sind, damit das Projekt am Ende auch zum Erfolg gebracht wird.
Welche Herausforderungen gibt es bei dabei?
Im Handwerk haben wir ein sehr diverses Umfeld, wir haben Bäckereien, Zimmermänner, Friseure etc. Die haben unterschiedliche Herausforderungen für ihre Betriebe. Und da müssen wir die verschiedenen Bedarfe analysieren. Und wir haben im Handwerk auch sehr unterschiedliche Einsatzorte. Viele Handwerkende sind mehrmals die Woche auf unterschiedlichen Baustellen aktiv, was jedes Mal ein individuelles Umfeld bedeutet, das unterschiedliche Herangehensweisen erfordert. Dadurch gibt es hier andere Herausforderungen als im Industriebereich.
Schauen wir zum Schluss noch in die Glaskugel: Wie wird sich das Handwerk in fünf bis zehn Jahren entwickeln? Welche Rolle wird KI dann spielen?
Das Handwerk wird in den nächsten Jahren an technischen Möglichkeiten dazu gewinnen – auch um bspw. den Fachkräftemangel abzufedern. Mitarbeitende werden von den Entlastungen profitieren. Cobots können z.B. bei gefährlichen oder körperlich anstrengenden Arbeiten unterstützen. Gerade in der Büroarbeit kann monotone Arbeit an intelligente Systeme abgegeben werden, der Kunde wird davon am Ende profitieren. Für das Handwerk bedeutet das einen Image- und Attraktivitätsgewinn. Auch die gesetzlichen und technischen Anforderungen an Handwerkende werden steigen – aber gerade hier bietet sich eine Unterstützung durch KI an.
Was wünscht du dir für das KIDiHa-Projekt?
Für das Projekt wünsche ich mir, dass wir am Ende möglichst vielen Handwerksbetrieben helfen konnten und vielen weiteren Handwerksbetrieben eine Richtung aufzeigen können, wie KI im Handwerk erfolgreich genutzt werden kann.